Wasser fließt durch aufgereihte Steine und stürzt einen Vorsprung hinab.

Gesplittete Abwassergebühr

Bis 2010 wurde die Abwassergebühr nach der Menge des bezogenen Frischwassers berechnet, was Niederschlagswasser nicht berücksichtigte. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschied am 11.03.2010, dass dies rechtswidrig ist. Künftig muss eine getrennte Gebühr für Schmutz- und Niederschlagswasser erhoben werden.

Bis zum Jahr 2010 wurde die Abwassergebühr nach dem Frischwassermaßstab berechnet. Dabei wurde unterstellt, dass die Menge des Abwassers in etwa der bezogenen Frischwassermenge entspricht. In die Abwasserkanäle fließt jedoch nicht nur Wasser, das als Trinkwasser bezogen wird, sondern auch Niederschlagswasser, das von Dächern und befestigten Flächen ins Kanalnetz gelangt. Die hierfür entstehenden Beseitigungskosten wurden unter den Beziehern von Frischwasser ebenfalls nach der bezogenen Wassermenge verteilt. Damit spielte es für die Höhe der Gebühren keine Rolle, wieviel Niederschlagswasser tatsächlich vom einzelnen Grundstück eingeleitet wurde.

Mit Urteil vom 11.03.2010 (Aktenzeichen: 2 S 2938/08) hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden, dass der Frischwassermaßstab rechtswidrig ist. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs muss die Abwassergebühr eine Schmutzwassergebühr und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben enthalten (sogenannte „gesplittete Abwassergebühr“).

Urteil des Verwaltungsgerichtshof Mannheim Baden-Württemberg vom 11.03.2010 (Aktenzeichen: 2 S 2938/08):

  • Abwassergebühr für Schmutz- und Niederschlagswasser darf nicht allein nach Wasserverbrauch berechnet werden.
  • Frischwasserverbrauch und Niederschlagswassermenge stehen in heutigen Haushalten nicht in annähernd vergleichbarer Relation.

Bei der gesplitteten Abwassergebühr werden daher

  • die Kosten der Schmutzwasserbeseitigung nach der Menge des bezogenen Frischwassers verteilt,
  • die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung nach den versiegelten Flächen, von denen Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasserbeseitigung gelangt, verteilt.

Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für die gesplittete Abwassergebühr

Nachdem früher davon ausgegangen wurde, dass die verbrauchte Frischwassermenge der anfallenden Abwassermenge entspricht, sind in die Abwassergebühr alle Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und die Beseitigung des Niederschlagwassers von Dach- oder befestigten Hofflächen eingeflossen.

Ziel der gesplitteten Abwassergebühr ist es, anstelle einer pauschalen Umverteilung der Kosten durch die Trennung der Gebühr in eine Schmutzwasser – und eine Niederschlagswassergebühr eine größere Gebührengerechtigkeit zu erreichen.
Grundlage für die Niederschlagswassergebühr ist die bebaute und befestigte Fläche eines Grundstücks, von der Niederschlagswasser abfließt, sofern dieses in einen öffentlichen Kanal eingeleitet wird. Die Größe der bebauten und befestigten Flächen bestimmt somit die Höhe der Niederschlagswassergebühr.

Die Schmutzwassergebühr wird nach der bezogenen Frischwassermenge bemessen.

Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühren werden also nach der tatsächlich in Anspruch genommenen Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen berechnet.

Verfahren „Gebietsabflussbeiwertmethode“

Die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr erforderte zunächst umfangreiche Flächenerhebungen. Die Flächenerhebungen für die Gemeinden im Verwaltungsverband Langenau wurden vom Ingenieurbüro Will aus Ulm durchgeführt und werden ständig aktualisiert. Die Flächenermittlung stellt neben der Kostenseite die wesentliche Grundlage der Niederschlagswassergebühr dar.

Alle Umlandgemeinden haben einvernehmlich das Verfahren nach Gebietsabflussbeiwerten (GAB) gewählt. Ein Gebietsabflussbeiwert stellt einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab dar und beschreibt den Grad der Versiegelung. Es werden Zonen vergleichbarer versiegelter Verhältnisse mit Hilfe der digitalen Flurkarte, computergestützter Berechnungen und Stichproben vor Ort ermittelt. Die Zonen der Gebietsabflussbeiwerte werden in der sogenannten Gebietsabflussbeiwertkarte, welche als Anlage den örtlichen Abwassersatzungen beigefügt ist, darge-stellt.

Die Grundstückseigentümer werden über die für ihr Grundstück ermittelten Zone informiert. Dabei erhalten sie einen Lageplan und alle relevanten Daten sowie eine ausführliche Informationsbroschüre.

Sofern ein Gebührenschuldner mit der Zoneneinteilung und der ermittelten gebührenrelevanten Fläche nicht einverstanden ist, kann eine Einzelveranlagung mittels Erhebungsbogen für das betreffende Grundstück beantragt werden.

Festlegung der Grundlagen

Für die Erstellung und Fortführung der Gebietsabflussbeiwertkarten und der Erhebungsbögen sowie für die Ausarbeitung der Abwassersatzungen wurden durch Gemeinderatsbeschlüsse aller Verbandsgemeinden folgende einheitliche Festlegungen über

  • Versiegelungsfaktoren und
  • Werte für die Flächenermäßigung

getroffen.

Nachfolgende Versiegelungsfaktoren und Flächenermäßigungen werden bei der Ermittlung der Niederschlagswassergebühren zugrunde gelegt:

Versiegelungsfaktor für bebaute Flächen mit Kanalanschluss

  • Schrägdach 0,9
  • Flachdach 0,6
    » Kies, Folie
  • Gründach 0,3
    » Schichtstärke 6 cm

Hinweis: Alle nicht angeschlossenen Dachflächen sind gebührenfrei.

Versiegelungsfaktor für befestigte Flächen mit Kanalanschluss

  • undurchlässige Flächenbefestigungen 0,8
    » Asphalt, Beton, Natursteinpflaster- und Plattenbeläge ohne Fugen
  • teildurchlässige Flächenbefestigungen 0,5
    » Natursteinpflaster- und Plattenbeläge mit Fugen, Beton- und Klinkerpflaster, Kies- oder Splittdecken
  • hochdurchlässige Flächenbefestigungen 0,2
    » Rasengittersteine, Rasenfugenpflaster, Rasenlochklinker, Splittfugenpflaster, Porenpflaster, Schotterrasen

Hinweis: Alle nicht angeschlossenen Flächen sind gebührenfrei.

Flächenermäßigung für Regenwasserbewirtschaftungsanlagen mit Überlauf

  • Retentionszisterne: 15 m² pro m³
    » Funktion Speicherung / gedrosselte Ableitung; Speichervolumen 1–4 m³; maximal 60 m² der angeschlossenen Dachfläche

Bei Retentionszisternen ist für das Nutzvolumen eine ergänzende Flächenermäßigung gemäß „Zisternen mit Kanalanschluss“ in Abhängigkeit der Regenwassernutzung (Gartenbewässerung bzw. Gartenbewässerung und Betriebswassernutzung) möglich.

  • Teichanlage: 30 m² pro m³
    » Funktion Speicherung / Verdunstung; Aufstauvolumen größer als 0,5 m³; maximal 100 % der angeschlossenen Dachfläche
  • Geländemulde: 45 m² pro m³
    » Funktion Speicherung / Verdunstung / Versickerung; Speichervolumen größer als 0,5 m³; maximal 100 % der angeschlossenen Dach- / Hoffläche

Flächenermäßigung für Zisternen mit Kanalanschluss

  • Gartenbewässerung 8 m² pro m³
    » Nutzvolumen 1–6 m³, maximal 48 m² der angeschlossenen Dachfläche
  • Gartenbewässerung und Betriebswassernutzung 15 m² pro m³
    » für z. B. Toilettenspülung und / oder Waschmaschine; Nutzvolumen 1–6 m³; maximal 90 m² der angeschlossenen Dachfläche

Andere Versiegelungsarten / Erweiterte Nutzung

Weisen die Gebührenschuldner

  • bei befestigten Flächen einen anderen Versiegelungsgrad nach, kann auf Antrag im Einzelfall ein anderer Versiegelungsfaktor angesetzt werden;
  • bei einem Zisternenvolumen über 6 m³ nach, dass
    • die Betriebswassernutzung von mehr als 4 Personen genutzt wird, kann auf Antrag pro weiterer Person zusätzlich 15 m² Flächenermäßigung gewährt werden;
    • größere gespeicherte Regenwassermengen nicht in die Kanalisation eingeleitet, sondern anderweitig (z. B. gewerblich) genutzt werden, kann auf Antrag im Einzelfall und branchenspezifisch eine Flächenermäßigung bzw. Absetzung gewährt werden.